Zum Tode Verurteilte in Isfahan

Quelle: www.badische-zeitung.de
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Die Proteste im Iran gehen gerade nur zögerlich weiter, ihre Intensität hat zuletzt nachgelassen. Doch wegen der Proteste der vergangenen Monate sitzen noch zahlreiche Menschen in iranischen Gefängnissen. Allein im Gefängnis von Freiburgs Partnerstadt Isfahan sind mindestens vier Personen unmittelbar von einer Hinrichtung bedroht. Drei davon wurden wegen eines Vorfalles im Isfahaner Stadtviertel "Khane-ye Esfahan" verurteilt. Dabei waren im November zwei Mitglieder der regimetreuen Basij-Miliz und ein Polizist erschossen worden. Im Zusammenhang mit diesem Vorfall wurden die drei Isfahaner Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi zum Tode verurteilt. Jedoch nicht wegen Mordes, sondern wegen "Krieg gegen Gott". Der Tatbestand entstammt der islamischen Rechtsprechung und bedeutet so viel wie "räuberische Handlungen" oder "Ungehorsam gegen die Obrigkeit", erklärt Islamwissenschaftler Augustin Laber, der unter anderem in Isfahan studiert hat. "Im Iran wird dieser Begriff häufig auf Menschen angewandt, denen vorgeworfen wird, die soziale Sicherheit zu gefährden oder sich gegen die Staatsordnung zu wenden. Jedoch ist Krieg gegen Gott kein genau definierter Begriff und wird häufig gegen Protestierende angewendet".

Von allen drei Verurteilten soll es Geständnisse geben, doch gilt es als gesichert, dass diese unter Folter entstanden sind, was im iranischen Justizsystem eine weit verbreitete Praxis ist, wie Laber erklärt. Auch waren laut verschiedener Nachrichtenseiten bei den Geständnissen keine Anwälte zugegen und während des Prozesses wurde den Männern ein selbstgewählter Anwalt verwehrt. Als Beweise sollen Videos von Überwachungskameras vorgelegt worden sein, aus welchen jedoch nicht hervorgehe, wer für den Tod der drei Sicherheitskräfte verantwortlich ist. Weitere Protestierende waren wegen des Vorfalls angeklagt worden. Ein bekannterer unter ihnen war der Fußballspieler Amir Nasr-Azadani, der wegen "Beihilfe zum Krieg gegen Gott" zu 21 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Die Familie von Majid Kazemi sagte gegenüber einem iranischen Radiosender, dass keine Beweise für die Anschuldigungen vorgelegt wurden und das Geständnis unter Folter erlangt worden sei. Die Urteile würden gerade vom iranischen Verfassungsgericht überprüft.

Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner, die eine politische Patenschaft für Saleh Mirhashemi übernommen hat, berichtet, dass alle drei Verurteilten bereits vor einigen Wochen in Isolationshaft verlegt worden sein sollen, was oft einer Vorstufe zur Hinrichtung entspreche, so Renner. Auch die Familie von Mirhashemi, die den Verurteilten Anfang Januar habe besuchen können, berichte von Folterspuren in dessen Gesicht.

Der vierte Isfahaner, der im Zusammenhang mit den Protesten von einem Todesurteil bedroht ist, ist der Rapper Toomaj, über den international viel berichtet wurde. Er war bereits im Oktober verhaftet und wegen "Korruption auf Erden" angeklagt worden, worauf ebenfalls die Todesstrafe stehen kann. "Korruption auf Erden", so Laber, "ähnelt dem Krieg gegen Gott, ist jedoch weiter gefasst". Im Iran werde der Vorwurf häufig angewendet, wenn Menschen das Regime kritisieren und seine Abschaffung fordern. Generell könne der Vorwurf auf alles angewandt werden, was von dem Regime als un- oder antiislamisch eingestuft wird. Auch vom 32-jährigen Toomaj wurde ein Geständnis-Video verbreitet, das wahrscheinlich unter Folter zustande kam.

Besser ist die Lage dagegen für die Isfahaner Studentin Mahsa Mohammadi, der wegen des Vorwurfs der "Beleidigung des Propheten" ein Todesurteil drohte. Ihr Fall ist inzwischen fallengelassen worden und sie wurde nach über 100 Tagen im Gefängnis entlassen.

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