Antifaschismus

Nazis mit Staatssold

Quelle: Jungle World/26.05.2016/Dokumentation

Zwei frühere V-Leute des Verfassungsschutzes hatten Kontakt zum NSU. Weder der Inlandsgeheimdienst noch das Oberlandes­gericht München sind bemüht, die Rolle der beiden Neonazis aufzuklären. Martina Renner erstattete Strafanzeige wegen der Unterdrückung von Beweismitteln. Ein Bericht der Wochenzeitung Jungle World.

Zwei frühere V-Leute des Verfassungsschutzes hatten Kontakt zum NSU. Weder der Inlandsgeheimdienst noch das Oberlandes­gericht München sind bemüht, die Rolle der beiden Neonazis aufzuklären.

Bei den Untersuchungen zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) geht es mal wieder um das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und die von ihm geführten V-Personen. Einer von ihnen, Thomas Richter, seit den frühen neunziger Jahren in der Neonaziszene, arbeitete fast zwei Jahrzehnte lang als V-Mann "Corelli" für den Inlandsgeheimdienst. Richter wurde im Zuge der Arbeit des ersten NSU-Bundestagsuntersuchungsausschusses im Herbst 2012 enttarnt und verschwand im Zeugenschutzprogramm. Keine zwei Jahre später wurde Richter tot in seiner Wohnung aufgefunden. Als Todesursache wurde eine unerkannte Diabetes des 41jährigen genannt. Zu seinem Tod gibt es viele offene Fragen – ebenso wie zu seiner Rolle im Netzwerk des NSU. So tauchte der Name des NSU-Mitglieds Uwe Mundlos bereits 1995 in einer Meldung "Corellis" auf. Zwei Datenträger aus den Jahren 2005 und 2006, die auf das Kürzel "NSDAP/NSU" verweisen, wurden "Corelli" zugeschrieben. Die Datenträger schlummerten über Jahre in den Schränken des BfV sowie des Hamburger Verfassungsschutzes.

Die Causa "Corelli" beschäftigt auch den NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag: Dessen Mitglieder wurden bei ihrer jüngsten Sitzung im Mai über den Fund eines Handys informiert, das Richter zugeordnet wird. Dieser soll das Handy etwa vier Monate lang benutzt und es dem BfV zum Zeitpunkt des Eintritts ins Zeugenschutzprogramm übergeben haben. Dort verschwand es, ähnlich wie andere Datenträger, in der Asservatenkammer. Erst eine erneute Durchsuchung des entsprechenden Schranks durch das Bundeskriminalamt förderte das Beweisstück zutage – und verspricht den Ausschussmitgliedern späte Einsicht in die Vielzahl von Kontaktdaten und Fotos einschlägiger Neonazis, die auf dem Telefon gespeichert sein sollen. Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linkspartei) erstattete Strafanzeige wegen der Unterdrückung von Beweismitteln.

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