Antifaschismus

Neonazis mit großen Erinnerungslücken

Martina Renner

Im Verfahren gegen 15 Neonazis vor dem Landgericht Erfurt haben am 12. Verhandlungstag die ersten Zeugen aus dem Umfeld der Angeklagten ausgesagt.

Im Verfahren gegen 15 Neonazis vor dem Landgericht Erfurt haben am 12. Verhandlungstag die ersten Zeugen aus dem Umfeld der Angeklagten ausgesagt. 14 Männer und eine Frau aus der extrem rechten Szene müssen sich u.a. wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verantworten. Sie sollen im Februar 2014 die Feier einer Kirmesgesellschaft in Ballstädt überfallen und mehrere Menschen teils schwer verletzt haben.

Die am 13. April 2016 vor dem Landgericht als Zeugen erschienenen zwei Männer aus der extrem rechten Szene in Thüringen hatten in der Tatnacht und anschließend telefonischen Kontakt mit einigen Beschuldigten. Daran konnten sie sich am 12. Verhandlungstag angeblich nicht mehr erinnern und verwiesen auf ihren damaligen Alkoholkonsum sowie die lange Zeitspanne seit dem Überfall. Die Nebenklage beantragte deshalb Akteneinsicht in die Aufzeichnungen der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), um die vom Landeskriminalamt aufgezeichneten Gespräche im Verfahren verwenden zu können. Darüber muss das Gericht in den kommenden Wochen entscheiden.

Außerdem beantragte die Nebenklage die Vernehmung von Marco Z. aus Gotha als Zeugen, weil er sich ebenfalls mit einem der Beschuldigten telefonisch über den Überfall ausgetauscht hatte. Der bis heute aktive Neonazi ist mit dem als Haupttäter beschuldigten Thomas W. seit Mitte der 1990er Jahre eng verbunden. Ein weiterer Hinweis auf das teils langjährig gewachsene und weit verzweigte Neonazi-Netzwerk, auf das die 15 Angeklagten nach dem brutalen Übergriff auf die Kirmesgesellschaft bauen können.

Der Prozess wird am 20. April um 9.30 Uhr vor dem Landgericht Erfurt fortgesetzt.

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