Antifaschismus

NSU-Mörder arbeitete bei V-Mann des Verfassungsschutzes

Quelle: Die Welt/06.04.2016/Dokumentation

Während der Mordserie war Uwe Mundlos unter einem Decknamen bei einer Zwickauer Baufirma beschäftigt – die ausgerechnet einem V-Mann gehörte. Die Welt fragt: Wie nah war der Verfassungsschutz den NSU-Tätern wirklich? Eine Anfrage von Martina Renner beim Innenministerium dazu blieb unbeantwortet.

Der Mann zieht sich mit einer raschen Handbewegung die große Kapuze seines schwarzen Hoodie über den bulligen, kurz geschorenen Schädel, als er das Kamerateam entdeckt. Die Aktion scheint erprobt – seit jenen Tagen, als Ralf Marschner, inzwischen 44 Jahre alt, ein gefürchteter Neonazi-Führer in Sachsen war. "Mann ohne Hals" nannten ihn seine Gegner damals aufgrund seiner Körperfülle. "Manole" hieß er bei seinen Kameraden aus der Skinheadszene. Und unter dem Decknamen "Primus" führten ihn seine Auftraggeber als V-Mann beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV).

Nachdem sich Marschner, klein, aber immer noch massig, getarnt hat, stürmt er zunächst unvermittelt auf den Reporter, kurz darauf auf den Kameramann los. Er schlägt wild um sich, in einer Mischung aus Hass – wie damals bei der Jagd auf Ausländer und Linke – und einem Anflug deutlich spürbarer Verzweiflung.
"Manole" versucht sich mit seiner Kapuze zu schützen

Denn die Frage, die ihm der Reporter zuvor gestellt hat, ist brisant:

"Haben Sie Uwe Mundlos beschäftigt?"

"Nein, habe ich nicht!", zischt Primus unter seiner ins Gesicht gezogenen Kapuze. Dann tritt er zu. Manole ist nicht mehr so schnell und kräftig wie vor 25 Jahren in der Zwickauer Kopernikusstraße, als bei einem Angriff seiner Skinheadtruppe ein Asylbewerberheim in Brand gesetzt wurde. Am Ende giftet er den Kameramann an: "Und du mit deiner Kamera verschwindest hier!" Ende eines Gesprächsversuchs. Marschner dreht sich weg und nestelt sein Handy hervor. Mit wem er aufgeregt spricht, bleibt an diesem Tag Manoles Geheimnis.

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