Antifaschismus

Verfassungsschutz darf im "Ballstädt-Prozess" nicht weiter mauern

Martina Renner

Das Thüringer Innenministerium hat dem Erfurter Landgericht nun doch Unterlagen über eine Überwachungsmaßnahme gegen die Angeklagten im Ballstädt-Prozess vorgelegt. Doch die geforderten Abhörprotokolle sollen nicht enthalten sein. "Der Verfassungsschutz in Thüringen ist auch nach seinem Umbau offenbar nicht in der Lage, Transparenz herzustellen", kommentierte Martina Renner.

Nach über sieben Monaten scheint Bewegung in den Ballstädt-Prozess gegen 15 Neonazis am Erfurter Landgericht zu kommen. Das Thüringer Innenministerium legte dem Vorsitzenden Richter nun geheime Akten des Verfassungsschutzes (VS) vor, die Licht in das Dunkel der bisherigen Ermittlungen bringen könnten.

Konkret geht es um eine Telekommunikationsüberwachung der mutmaßlichen Täter im Ballstädt-Verfahren. Weil der Verfassungsschutz der Bitte des Gerichts um eine Übermittlung der Akten über vier Monate nicht nachkam, hatten die Anwält_innen der Nebenkläger eine Klage auf Herausgabe eingereicht. Bei den nun übermittelten Akten handele es sich um Protokolle, die die Rechtmäßigkeit der Telefonüberwachung belegen sollen, sagte ein Sprecher des Thüringer Verfassungsschutzes gegenüber der Thüringischen Landeszeitung. Abhörprotokolle seien nicht darunter.

Sollten sich diese Angaben bestätigen, müsse Druck auf den VS ausgeübt werden, damit auch die angeforderten Protokolle in den Prozess eingeführt werden können. "Der Verfassungsschutz in Thüringen ist auch nach seinem Umbau offenbar nicht in der Lage, Transparenz herzustellen. Statt den Betroffenen rechter Gewalt mit seinen Mitteln zu helfen, werden Gericht, Staatsanwaltschaft und Nebenklage mit fragwürdigen Manövern hingehalten. Dabei könnten die Abhörprotokolle die Prozessdauer wesentlich verkürzen und den Betroffenen der Gewaltexzesse durch Neonazis die Unterstützung des Staates signalisieren", erklärte Renner.
 
Der Prozess wird am 10. August 2016 um 9.30 Uhr vor dem Landgericht Erfurt fortgesetzt. Dort müssen sich 14 Männer und eine Frau aus der extrem rechten Szene u.a. wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verantworten. Sie sollen im Februar 2014 die Feier einer Kirmesgesellschaft in Ballstädt überfallen und mehrere Menschen teils schwer verletzt haben.

Informationen zum Ballstädt-Prozess