Aufklärung der Spähaffäre: BND gibt Akten-Schluderei zu

Quelle: Der Spiegel/05.03.2015/Dokumentation

Mehr als hundert Dokumente hat der Bundesnachrichtendienst dem NSA-Ausschuss vorenthalten. Das geht aus einem Schreiben des Kanzleramts an das Gremium hervor. Laut BND ein Versehen. Die Opposition spricht von Blockade. Entdeckt wurde das Fehlen der Akten zur durch Zufall.

Der Zeuge, der vergangene Woche von den NSA-Aufklärern im Bundestag befragt wurde, war ein harter Brocken. Einsilbig antwortete der Techniker einer Außenstelle des Bundesnachrichtendiensts (BND) im badischen Rheinhausen, zwei Stunden zog sich der Termin. Doch im nichtöffentlichen Teil der Sitzung horchten die Abgeordneten plötzlich auf. Dort schilderte der Mann, der unter dem Kürzel R.S. auftrat, offenbar Details aus bestimmten vertraulichen Dokumenten - die der Ausschuss bislang nicht eingesehen hat. Schnell wurde vermutet, dass R.S. sich womöglich auf Akten beziehe, die dem Gremium überhaupt nicht vorliegen. Das ist problematisch: Bundesregierung und Nachrichtendienste sind verpflichtet, umfängliches Material zur Verfügung zu stellen.

Der Vorgang hatte ein Nachspiel im Kanzleramt. Dort habe man die Zeugenvernehmung zum Anlass genommen, "den Bundesnachrichtendienst zu bitten, zu überprüfen, ob diese Unterlagen dem Untersuchungsausschuss vollumfänglich vorgelegt wurden", heißt es in einem Schreiben an den NSA-Untersuchungsausschuss. Der Brief liegt SPIEGEL ONLINE vor. Die Antwort lautet: Nein, die Unterlagen wurden nicht "vollumfänglich vorlegt". Um genau zu sein, fehlten mehr als hundert Dokumente. Der BND habe "etwa 130 Dokumente (...) aufgrund eines Versehens dem Untersuchungsausschuss bislang nicht übermittelt", heißt es in dem Schreiben weiter. Die Behörde wurde gebeten, "Stellung zu nehmen, wie es dazu kommen konnte".

Die Opposition reagiert auf die Informationslücke verärgert. "Es ist völlig offensichtlich, dass der BND und die Bundesregierung an Aufklärung kein Interesse haben," sagte Martina Renner, Linken-Obfrau im NSA-Ausschuss, SPIEGEL ONLINE. Wenn sich der Zeuge nicht "verplappert" hätte, so Renner weiter, hätte man nie von der Existenz der Dokumente erfahren. Der Vorfall sei besonders gravierend, "weil der BND gegenüber dem Ausschuss schon fälschlicherweise behauptet hatte, man habe den Beweisbeschluss vollständig erfüllt."

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