Kanzleramt ist in Wahrheit ein "BND-Amt"

Quelle: neues deutschland/12.06.2015/Dokumentation

In der Affäre um Geheimdienstspionage wollen zuständige Vertreter des Bundeskanzleramts wenig mitbekommen haben. "Die Logik des Geheimen im Geheimen setzt sich bis ins Kanzleramt fort. So kann die Kontrolle über den BND nicht funktionieren", zitiert "neues Deutschland" Linke-Obfrau Martina Renner.

Derzeit "wohl 20" Geheimdienstler in Regierungszentrale / BND-Affäre: Alle wollen nichts gewusst haben / BND-Vize will Begriff "Selektoren" nicht gekannt haben / Opposition empört: "So kann die Kontrolle nicht funktionieren"

In der Affäre um Geheimdienstspionage wollen zuständige Vertreter des Bundeskanzleramts, das die Aufsicht über den BND hat, wenig mitbekommen haben. Diesen Eindruck erweckten sie jedenfalls am Donnerstag vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Auch neue Probleme beim Informationsfluss aus dem Bundesnachrichtendienst (BND) ans Kanzleramt wurden deutlich.

BND-Vize Guido Müller, von 2007 bis 2013 Leiter eines für den BND zuständigen Referats im Kanzleramt, sagte: "Konkrete Operationen haben wir in Bundeskanzleramt nicht besprochen." Dass Telekom-Daten erfasst wurden, habe er nicht gewusst. Zudem habe er noch 2013 das Wort "Selektoren" nicht gekannt, sagte Müller.

Ein anderer ehemaliger Mitarbeiter des Kanzleramts sagte, an ihn gerichtete Briefe des BND über dessen Aktivitäten hätten ihn in der Regierungszentrale nicht erreicht. "Es gibt Fälle, dass ich Sachen an mich nicht gesehen habe, weil ich dazu nicht ermächtigt war." Der BND habe wohl versehentlich einzelne Briefe an ihn gerichtet, die er nicht lesen durfte, sagte der Zeuge Thomas Kurz, heute Geschäftsträger der Deutschen Botschaft in Ankara.

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