Soziale Gerechtigkeit

Ausstellung "We will rise" in Erfurt

Martina Renner

Die Ausstellung zeigt, wie sich Geflüchtete in Bewegung setzen und kämpfen – gegen die Bedingungen, unter denen sie in Deutschland leben müssen, gegen Abschiebungen, gegen die mörderischen Außengrenzen der Festung Europa und gegen die Weltordnung, die seit Jahrhunderten Reichtum und Macht im globalen Norden konzentriert.

WE WILL RISE ist ein Archiv und eine Ausstellung, gewidmet den Kämpfen von Geflüchteten. Eine Ausstellung, die zeigt, wie sich Geflüchtete in Bewegung setzen und kämpfen – gegen die Bedingungen, unter denen sie in Deutschland leben müssen, gegen Abschiebungen, gegen die mörderischen Außengrenzen der Festung Europa und gegen die Weltordnung, die seit Jahrhunderten Reichtum und Macht im globalen Norden konzentriert. Die Ausstellung zeigt die Perspektive der Protagonist_innen dieser Kämpfe. Sie ist entstanden nach der Räumung des besetzten Oranienplatz in Berlin 2014. Sie schafft einen Reflexionsraum für die Menschen der Bewegung und bietet gleichzeitig Austausch mit Menschen, die (noch) nicht Teil der Bewegung sind.


Grußwort von Martina Renner zur Ausstellungseröffnung „We will rise“ am 2. Juni in der Erfurter Michaelis-Kirche

Liebe Interessierte, Liebe Engagierte, Liebe Gäste,

zu meinem Bedauern kann ich aufgrund der Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses in Berlin heute nicht an dieser Eröffnung teilnehmen. Froh bin ich aber, dass diese Ausstellung in Erfurt gezeigt wird und dass sie Anlass gibt, über den Kampf von Geflüchteten gegen rassistische Gesetze und für ein besseres Leben zu sprechen.
Ich halte die Bewegung der Geflüchteten für eine der wichtigsten linke Protestbewegung der jüngeren Vergangenheit. Lassen Sie mich kurz begründen, warum ich das denke:

Die Bewegung der Geflüchteten verknüpft in ihrer Praxis die Kritik an globaler Ungleichheit und diskriminierenden Gesetzen in Deutschland. Damit bezieht sie auch die jeweiligen Kämpfe gegen diese Ungerechtigkeiten aufeinander und schafft einen Kristallisationspunkt verschiedener Kämpfe. Neben den genannten sind das auch Antifaschismus, oder das Engagement für bezahlbaren Wohnraum und gegen Verdrängung. Damit wird ein Potential geschaffen, von dem gerade die Linke in Deutschland – innerhalb und außerhalb der Parlamente – lernen kann. Es geht darum, in gemeinsamen Kämpfen verschiedene Bezüge miteinander zu vermitteln.

Damit ist ein zweiter Punkt verbunden, der wichtig und hoffentlich zukunftsweisend ist: Die Bewegung der Geflüchteten hat auch die Repräsentationsverhältnisse innerhalb der antirassistischen Zivilgesellschaft in Frage gestellt und vielerorts zu produktivem Nachdenken geführt. Zu lange war es der Normalfall, dass Weiße Menschen den Antirassismus quasi unter sich ausgemacht haben. Geflüchtete aber auch Schwarze Menschen oder People of Colour tauchten zu oft lediglich als Objekt des Antirassismus, nicht aber als handelnde, kämpfende Subjekte, Bündnispartner_innen oder Genoss_innen auf. Dieses Missverhältnis in Frage zu stellen ist ein großes Verdienst dieser Bewegung die durch ihre Praxis auch akademischen Diskussionen neuen Auftrieb verliehen hat.

Ein dritter Punkt scheint mir zentral: Die Bewegung der Geflüchteten hat neue Ausdrucksformen geschaffen bzw. alte Ausdrucksformen aktualisiert. In Berlin fand vor kurzem der Karneval der Geflüchteten statt. Ein breites Bündnis von Antirassistischen Initiativen, Kulturschaffenden und Geflüchteten organisierte einen antirassistischen Karnevalsumzug, der z.B. auf kurze Aufführungen statt der allseits bekannten Reden setzte und in Zusammensetzung und Außenwirkung erfrischend neu war. Auch Besetzungen von Häusern und öffentlichen Plätzen gab es in der Form, wie sie von der Bewegung der Geflüchteten erfolgreich praktiziert wurden, in Deutschland lange Zeit nicht mehr. Durch ihre Präsenz im Öffentlichen Raum machten sie das Thema für eine beachtlich lange Zeit unausweichlich. Vor dem Brandenburger Tor, Wahrzeichen der Berliner Republik und einen Steinwurf von dem Ort entfernt, wo diskriminierende Gesetze und die weitere Abschottung Europas beschlossen werden, harrten die Aktivist_innen trotz Kälte und Schikane der Polizei aus und machten die Ungerechtigkeit sichtbar.

Die Ausstellung We Will Rise versteht sich als wachsendes Archiv einer widerständigen Bewegung, die noch lange nicht an ihrem Ziel angekommen ist. Ich wünsche mir, dass ihr die Aufmerksamkeit zu Teil wird, die sie verdient, dass sie weiterhin zu produktiven und mitunter unbequemen Diskussionen beiträgt und dass sie wächst und gedeiht mit den Kämpfen die sie dokumentiert und deren Teil sie ist.

Ausstellung in der Michaeliskirche (Allerheiligenstraße) bis zum 30. Juni 2016

Öffnungszeiten
Montag bis Samstag: 11:00-16:00 Uhr sowie Donnerstagabend bis 19:00 Uhr