Welcome2stay: Gipfeltreffen der Flüchtlingspolitik

Quelle: neuesdeutschland.de/12.06.2016/Dokumentation

Der alten Messe in Leipzig wurde am Wochenende reichlich neues Leben eingehaucht. Inmitten grauer Gebäude hatte sich für drei Tage ein buntes Völkchen eingenistet: mehr als 50 Initiativen und Organisationen, die sich für Geflüchtete engagieren und nun auf der "Welchem 2 stay"-Konferenz" zusammenkamen, um sich zu vernetzen und zu mehr politischer Handlungsfähigkeit zu gelangen. Über 500 Teilnehmer, hauptsächlich junge Leute, beteiligten sich daran.

Dabei ging es den verschiedenen Gruppen – die Bandbreite reichte von der LINKEN über große Organisationen wie Attac bis hin zu neuen Bündnissen wie "Aufstehen gegen Rassismus" – vorrangig darum, ein gemeinsames "wir" zu finden. "Existiert dieses 'wir' schon oder muss es erst geschaffen werden?", rätselte eine Sprecherin des Initiativkreises der Konferenz bereits vor der Auftaktveranstaltung am Freitagabend, senkte aber schon im gleichen Atemzug ein wenig die Erwartungen: "Wir sind nur ein Teil des Prozesses, in dem dieses 'wir' überhaupt geschaffen werden kann."

Das heißt: Begegnung und Vernetzung standen zunächst im Vordergrund, die Planung konkreter Aktionen spielte eine Nebenrolle. Was auch verständlich war: Zwar verfolgen die unterschiedlichen Gruppen ein gemeinsames Ziel, nämlich eine gerechtere Flüchtlingspolitik. Doch mit welchen Mitteln dieses Ziel vorrangig erreicht werden soll, darüber können die Meinungen etwa zwischen der LINKEN, die immerhin ein Bundesland – Thüringen – regiert, und der Interventionistischen Linken (IL), die den Fokus eher auf außerparlamentarische Arbeit legt, mitunter auseinandergehen.

Umso mehr bemühten sich die politischen Akteure, Harmonie nach außen zu verbreiten, bestehende Differenzen gar nicht erst zur Sprache zu bringen. "Wir brauchen eine Verzahnung von politischen Kämpfen und parlamentarischer Arbeit", meinte etwa die LINKE-Parteivorsitzende Katja Kipping, als sie mit Aaron Bruckmüller von der IL, Lars Doneith von der Gewerkschaft ver.di und Christos Giovonopoulos von "Solidarity4All" aus Griechenland über "einen gesellschaftlichen Aufbruch gegen soziale Kälte und Rassismus" diskutierte. Sie stieß damit auf Zustimmung. "Wir dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen", ergänzte Bruckmüller. Doneith stellte zudem heraus, dass "Verdi und die LINKE einige Gemeinsamkeiten haben".

Nur hin und wieder musste die LINKE-Chefin Sticheleien von links über sich ergehen lassen. "Die Partei ist mit Schuld an der Wohnungsnot in Berlin", meinte Bruckmüller. Später fügte er noch an, dass "die linke Bewegung umdenken und alte Politikformen hinter uns lassen muss". Der IL-Aktivist kritisierte Parteien und Gewerkschaften als "bürokratische Monster" und meinte damit auch die LINKE: "Da kann man halt Parteizeitungen austragen." Kritik untereinander blieb jedoch die Ausnahme. Kennenlernen war angesagt.

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