Wikileaks zu Abhör-Praktiken der CIA: "Die Aufregung ist zum Teil ein bisschen bigott"

Quelle: deutschlandfunk.de/09.03.2017/Dokumentation

Was bedeuten die jüngsten Wikileaks-Enthüllungen für uns in Deutschland? Ist die CIA dabei, unser Privatleben auszuspionieren, oder sind diese Vorwürfe alle nur völlig übertrieben? Fest steht so viel: Die Berichte über die Manipulationsmöglichkeiten der US-Geheimdienste haben große Unsicherheit hier in Deutschland ausgelöst. In diesen Dokumenten wird gezeigt, mit welchem Aufwand die CIA daran arbeitet, Sicherheitslücken in Smartphones, in Computern oder auch in Telefonanlagen auszunutzen. Nach wie vor - das muss man immer mit dazu sagen - ist die Echtheit dieser Berichte nicht bestätigt, auch wenn einige Experten bereits klargestellt haben, dass es da wenig Zweifel geben dürfte.

Am Telefon ist jetzt Martina Renner. Sie ist Obfrau der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss. Sie hat sich also in den vergangenen Jahren schon intensiv mit der Arbeit der US-Geheimdienste beschäftigt. Schönen guten Tag, Frau Renner.

Martina Renner: Guten Tag, Herr Armbrüster.

Armbrüster: Frau Renner, haben Sie Ihren Fernseher schon überprüft?

Renner: Ich habe meinen Fernseher so eingestellt, dass er gar nicht internetfähig ist, weil man kann selbst etwas tun, um nicht überwacht zu werden, zum Beispiel auch die Kamera abzukleben auf dem eigenen Smartphone oder auf dem eigenen Tablet. Aber das ist natürlich nicht das einzige Mittel, jetzt mit diesem Skandal umzugehen.
"Wir müssen uns Sorgen machen"

Armbrüster: Dieser Skandal, sagen Sie. Müssen wir uns da Sorgen machen?

Renner: Ich denke schon, wir müssen uns Sorgen machen. Ich halte die in den Dokumenten dargestellten Techniken für sehr plausibel und es geht ja um nicht mehr und nicht weniger, als dass der Staat selbst zum Hacker wird, also zum Einbrecher, in unsere private Kommunikation eindringt, uns überwachen kann über unsere Endgeräte. Sie haben es schon in dem Beitrag gehört: Dazu können Smartphones benutzt werden, aber auch Fernsehgeräte oder aber auch der Computer. Und da sind wir natürlich in einem Bereich, wo wir tatsächlich prüfen müssen, ob sich hier die CIA, die wir ja eigentlich kennen als Geheimdienst, der überwiegend im Bereich menschliche Quellen tätig ist, tatsächlich technisch aufmacht, unser Kommunikationsgeheimnis zu brechen und auf der anderen Seite geheimdienstliche Spionagetätigkeit in Deutschland auszuüben.
"Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch rechtlich legal"

Armbrüster: Aber wäre das denn wirklich so überraschend, Frau Renner? Ich meine, die Sicherheitslücken, die Sie erwähnt haben, die sind ja seit Langem bekannt. Wir werden auch immer wieder davor gewarnt, zum Beispiel vor dem zu laschen Umgang - Sie haben es erwähnt - mit den Kameras an Laptops. Ist es da überraschend, dass auch Geheimdienste auf so etwas aufspringen?

Renner: Nein. Überraschend ist es nicht. Wir wissen schon lange, dass Geheimdienste nicht nur diese Sicherheitslücken nutzen, sondern auch erwerben - auf einem Markt, der hauptsächlich von Kriminellen dominiert wird - und auch selbst entwickeln. Aber nicht alles, was technisch möglich ist und was ein Geheimdienst auch für Nachrichtengewinnung technisch machbar hält, ist auch rechtlich legal. Da muss man tatsächlich einen Unterschied ziehen. Und dort, wo insbesondere die Kommunikation von unbescholtenen Bürgern und Bürgerinnen erfasst wird, wo private Gespräche, der Kernbereich unseres persönlichen Lebens betroffen ist, da muss natürlich eine Schranke bestehen, und wir befürchten tatsächlich, dass diese Methoden geeignet sind, in diesen Bereich der persönlichen Lebensgestaltung einzubrechen.

Ein großes Problem ist: Wir regen uns jetzt über die CIA auf und auch zurecht und wir fordern auch Konsequenzen, dass der Generalbundesanwalt Ermittlungen aufnimmt, dass man prüft, ob die entsprechenden Agenten ausgewiesen werden können, und Ähnliches mehr. Aber die eigenen Behörden, die eigenen Bundesbehörden, zum Beispiel das Bundesamt für Verfassungsschutz macht sich selbst auf den Weg, auch diese Techniken zu entwickeln und einzusetzen, und deswegen ist diese Aufregung zum Teil ein bisschen bigott.

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