Parlamentarische Kontrolle ist kein Sicherheitsrisiko

Martina Renner

Die Bundestagsabgeordnete und Obfrau der Linksfraktion im NSA-Untersuchungsausschuss, Martina Renner, zur Sitzung vom Februar 2015:

"Die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses kommt trotz restriktiver Aktenvorlage, eingeschränkter Aussagegenehmigungen der Zeugen und strittigem Umgang zu bilateralen Kooperationen der Geheimdienste in seinen Kernfragen gut voran.

In der Ausschusssitzung am 05.02.2015 sollten sich Zeugen zu einem Geheimprojekt des BND mit der CIA äußern, bei dem es bei einem us-amerikanischen Telefonanbieter in Deutschland zu einem Abgriff von Daten aus dem Kommunikationsnetz kam. Bevor wir jedoch dazu kamen, verständigten sich die Ausschussmitglieder zu jüngsten Pressemitteilungen, nach denen die Zusammenarbeit deutscher und britischer Dienste durch die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses gefährdet wäre und bei Bekanntwerden von Details zur Kooperation der Abbruch des Informationsaustausches bedeuten würden. In begrüßenswerter Einigkeit haben die Mitglieder des Ausschusses angesichts der schwierigen Situation agiert und einen schon am Vorabend in der Obleuterunde beschlossenen Brief an Herrn Bundestagspräsidenten Prof. Lammert auf den Weg gebracht.

An dem Vorgang sind mehrere Dinge bemerkenswert: Auch eingedenk der unterschiedlichen Rückkopplung von Geheimdiensten an die Legislative in Großbritannien und der Bundesrepublik, kann das Schreiben aus dem Vereinten Königreich kein Anlass für ein parlamentarisches Gremium begründen, seinen durch das gesamte Hohe Haus beschlossenen Untersuchungsauftrag in einem wesentlichen Teil ruhen zu lassen. Der impliziten Unterstellung parlamentarische Kontrolle sei ein Sicherheitsrisiko muss genau so widersprochen werden, wie der Vorstellung Aktenvorlagerechte des PUA könnten einfach ausgesetzt werden. Soweit kann hier niemand „amused“ sein. Auch legitimste Sicherheits- und Geheimhaltungsinteressen müssen sich der gesetzlichen wie parlamentarischen Kontrolle stellen!

Aus der bisherigen Arbeit des Ausschusses lässt sich bilanzieren: Die von uns thematisierten Überwachungsprojekte des BND mit seinen ausländischen Partnern basierten nicht auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage und brachten ersichtlich auch keinen bilanzierbaren Nutzwert für die nachrichtendienstliche Aufklärung. Zwar wird teilweise noch immer an der Auffassung festgehalten, dass der BND die sogenannte Auslandskommunikation allein auf Grundlage des BND-Gesetzes und damit ohne jegliche Kontrolle abhören könne. Allerdings räumte ein BND-Mitarbeiter gestern auch ein, dass der Dienst gar keine Handhabe hätte, die Provider zu zwingen ihm allein wegen der Aufgabenbeschreibung des Dienstes den Zugang zu diesen Daten zu ermöglichen. So behalf man sich mit Verträgen, Vereinbarungen und Briefen aus dem Kanzleramt und anderswo, um einen Zugang zu erreichen. Auch bei der G-10-Überwachung stand den Wünschen der Dienste das Gesetz offenbar eher „im Weg“, so dass die entsprechenden Regelungen sehr „kreativ“ ausgelegt und umgangen wurden. Intensiv wurden gestern auch Fragen nach Umfang der Erfassung so genannter Metadaten und deren langfristigen Speicherung und möglichen Ausleitung an ausländische Nachrichtendienste diskutiert. Dies, weil insbesondere die Opposition der Auffassung ist, dass deren Erhebung und jahrelangen Aufbewahrung mit der Notwendigkeit eines zweck- und anlassgebundenen Datenverarbeitung nichts zu tun hat und möglicherweise hier weitere Rechtsverstöße im BND aufgeklärt werden müssen.

Vor uns liegt noch ein langer Weg, um das Ausmaß illegitimer Überwachungsmaßnahmen durch die Sicherheitsbehörden, nicht nur der bundesdeutschen, vollständig erkennen zu können. Dass wir auf der richtigen Spur sind, wird auch angesichts der Tatsache, dass die Arbeit des PUA auch in juristischen Kreisen positiv gewürdigt wird, immer deutlicher."